miércoles, 8 de diciembre de 2010

Kuba / Deutsche Oper

Kitsch-Klassik unter Palmen

Von Antje Rößler

Kubanische Musik – da denkt man an Gitarren und Perkussion, an zündende Rhythmen und tanzende Pärchen. Jene Klischees also, die der Wenders-Film »Buena Vista Social Club« bedient. Nichts davon erlebte man am Montag in der Deutschen Oper. Kubanische Kammermusik stand dort im Mittelpunkt. Ein Terrain also, das hierzulande so unbekannt ist, dass man Mühe hatte, überhaupt die entsprechenden Noten zu besorgen. Das Konzert war Teil einer Reihe, in der Orchestermusiker der Deutschen Oper Kammermusik aus fünf lateinamerikanischen Ländern vorstellen. Die nächste Aufführung am 14. Februar ist Venezuela gewidmet.

Die kubanische Kammermusik besitzt eine Tradition, die bis in die Anfänge der Kolonialzeit zurückreicht. Davon zeugte etwa eine Da-capo-Arie des 1725 geborenen Esteban Salas y Castro, die ebenso gut von Händel stammen könnte.
Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein orientierten sich die kubanischen Komponisten an der Entwicklung in Europa. Kein Wunder, dass man im Opernfoyer wenig Originelles vernahm. Immer wieder hat man »Das klingt ja wie ...«-Erlebnisse. Eine Suite des 1917 geborenen Juan Antonio Cámara erinnert an den Neobarock eines Strawinski; das Streichquartett von Guillermo M. Tomás klingt nach Richard Strauss. Als wirklich spannend erwies sich jedoch das 1959 entstandene Streichquartett von Julian Orbón, der mit rhythmischer Intensität, feinen Verschiebungen im Metrum und dem Einbezug experimenteller Spieltechniken eine ganz eigene Klangsprache offenbart.
Die Nationalmusikbewegung – man denke an Grieg in Norwegen oder an den Tschechen Smetana – erfasste Ende des 19. Jahrhunderts auch Kuba. Komponisten wie Guillermo M. Tomás und Ignacio Cervantes ergriffen Partei im Krieg gegen Spanien und unterstützten mit ihren Konzerteinnahmen die Unabhängigkeitsbewegung.
Ignacio Cervantes gilt als Vater einer eigenständigen kubanischen Nationalmusik, weil er erstmals afrokubanische Rhythmen und die bäuerliche Guajira-Musik in die Gefilde der Klassik hob. Die Auswahl der in der Deutschen Oper aufgeführten Stücke vermochte das allerdings nicht so recht zu belegen. Lediglich zarte Andeutungen von Synkopen vernahm man in Cervantes’ Kubanischen Tänzen für Flöte, Klarinette und Klavier – wobei die Bläser überdies recht behäbig zugange waren.
Auch in dem poetischen Preludio für Streichquartett von Alejandro Caturla, einem Nachfolger Cervantes’, waren keine afrokubanischen Elemente erkennbar. Im Bläserquintett »Rítmica Nr. 1« seines Zeitgenossen Amadéo Roldán ging es zwar temperamentvoller zu, jedoch offenbarte das Stück kompositionshandwerkliche Mängel: Die Instrumente überdecken sich gegenseitig, so dass der Klang zu einem Klumpen verklebt.
Der in Berlin lebende kubanische Cellist Douglas Vistel moderierte das Konzert zwar liebenswürdig, aber allzu ausschweifend. Er ließ dabei wesentliche Fragen außen vor: Wie verarbeiteten die Komponisten die sozialistische Revolution? Gab es in Kuba so etwas wie eine Maxime des »sozialistischen Realismus«? Vor allem aber fragt man sich: Warum klingt der ganze Abend so wohlgefällig und irgendwie angestaubt? Wo bleibt Atonales, Avantgardistisches?
Die Schmerzgrenze wird erreicht mit José Whites »La Bella Cubana«, wo sich dem Moderator zufolge »die kubanische Seele« zeigt, wenn zwei Geigen über einer sanften Klavierbegleitung schluchzen.

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